Frankreich 2013

Von Käse, Kathedralen und Karussellen – Jubiläums-Chorreise in die Normandie (2013)

»Die Chorkleidung griffbereit, Noten nicht vergessen!«, so lautete die Anweisung fast für jeden Tag der von Ernst-Jürgen und Anita Ribbert organisierten Chorreise der Evangelischen Stadtkantorei Bremerhaven in die Normandie vom Freitag, den 28. Juni bis Sonntag, den 7. Juli 2013. An acht Orten Frankreichs und auf dem Rückweg auch in Deutschland ließen wir über 80 mitgereisten Sängerinnen und Sänger unsere Stimmen erklingen und präsentierten Chormusik von Heinrich Schütz, Josef Gabriel Rheinberger und Claude Debussy in drei katholischen Messen und sechs Konzerten.

Nassgeregnet und müde von der langen Busfahrt versammelten wir uns am Abend des 28. Juni zum ersten Konzert der Reise in der Basilika von Saint Quentin. Die Erschöpfung wich jedoch schnell angesichts der großen Zuschauerzahl – 400 strömten in die Kirche –, und Geschenke gab es auch noch! Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Stadtkantorei wurden unserer Chorleiterin Eva Schad ein wunderschöner Blumenstrauß sowie die Ehrenmedaille der Stadt Saint Quentin überreicht.

Über Amiens, mit einem Zwischenstopp in der dortigen Kathedrale (Bild), ging es am zweiten Tag der Reise nach Le Havre, dem Ausgangs­punkt für die Unter­nehmungen der nächsten Tage. Nach einer Messe in der Kirche Saint-Pierre von Yvetot und einem wiederum gut besuchten Konzert in der Église Réformée in Le Havre bereisten wir den kleinen Küstenort Étretat, vor allem bekannt durch die bizarren Fels­formationen an der Steil­küste. Eine leichte Brise und Sonnen­schein luden zum Erklettern der Klippen ein: Von oben genossen wir einen herrlichen Rundblick über das historische Seebad. In der Notre-Dame d’Etretat, einer romanischen Kirche aus dem 11. bis 13. Jahrhundert, präsentierten wir unser Programm. Erstmals gaben auch wir sechs zum Teil der großen Chortruppe nachgereisten Jugendchor­sängerinnen eigene dreistimmige Chormusik zum Besten. Gemessen am begeisterten Applaus schien unsere Darbietung dem Publikum sehr gefallen zu haben.

Die ›Wiege des Impressionismus‹, die kleine, gemütliche Hafenstadt Honfleur, hielt für uns ein unerwartetes Vergnügen bereit: Unweit der einzigen Holzkirche Frankreichs befand sich ein nostal­gisches Karussell, auf dem viele unserer 80 Sängerinnen und Sänger eine ausgelassene Runde drehten. Nicht nur wir, sondern auch fremde Touristen und Einheimische zückten ihre Kamera, um den ungewohnten Anblick des mit singenden Erwachsenen voll besetzten Fahr­geschäfts festzuhalten.

Trotz der ungeplanten Gesangs­einlage in Honfleur blieb noch genug Kraft für die Messe und das darauf­folgende Konzert in der Krypta der Basilika Sainte-Thèrése von Lisieux, der zweit­größten Wallfahrts­kirche Frankreichs. Nach Le Havre kehrten wir an diesem Abend nicht zurück. Es ging weiter nach Falaise.

Frankreich 7.2013 Bayeux-Orgel
Cavaillé-Coll-Orgel in Bayeux

Über Arromanches, wo wir einen Zwischen­stopp im dortigen Kriegs­museum mit einer Ausstellung über die Invasion der Alliierten in Nord­frankreich am 6. Juni 1944 machten, erreichten wir Bayeux, die einzige im zweiten Weltkrieg unversehrt gebliebene Stadt der Normandie. Das erste Highlight dieses Besuchs erstreckt sich über 70 Meter und ist fast 1000 Jahre alt: der Wand­teppich von Bayeux, ein beeindruckendes Kunstwerk, das die Eroberung Englands durch Wilhelm den Eroberer im Jahr 1066 in 58 Szenen darstellt. Den zweiten Höhepunkt bildete unser Konzert in der Kathedrale von Bayeux. Gemeinsam mit unserer Organistin Eva Schad waren wir begeistert vom französisch-romantischen Klang einer echten Cavaillé-Coll-Orgel (Bild).

Auch die Fahrt nach Caen, Hauptstadt der Region Basse-Normandie, endete mit Musik: Wir sangen Schütz, Rheinberger und Debussy in der Saint-Pierre-Kirche, nachdem in der ehemaligen Abtei-Kirche Abbaye aux Dames spontan das alt-italienische ›Alta Trinita‹ erklungen war, das zum ›Schlager‹ der Reise wurde.

Abwechslung von den vielen Kirchen­besuchen boten Ausflüge zu biologisch geführten Familien­betrieben, wie zum Beispiel einer Käserei und einer Cidrerie, wo wir uns mit regionalen Spezialitäten versorgen konnten.

Bereits eine Woche unterwegs und immer noch begeistert von neuen Eindrücken strebten wir dem Mont Saint Michel zu. Sobald der Berg in Sicht kam, entbrannten Diskussionen darüber, ob der Bus für einen Schnapp­schuss anhalten solle: »Ja!«, rief die eine Hälfte, »Nein!« die andere und offen­sichtlich lautere, denn die Unter­brechung der Fahrt blieb aus. Bei bestem Wetter erstiegen wir die 280 Stufen der Felseninsel zur ehemaligen Abtei der Benediktiner, erkundeten die Gemäuer und genossen den herrlichen Ausblick.

Weit weniger erhalten war die Ruine der Abtei in Jumièges, der wir auf der Rück­reise noch einen Besuch abstatteten. Ein französischer Kinderchor war ebenfalls zugegen. Unser wechsel­seitiges Singen mündete schließlich in den gemeinsam gesungenen Kanon: ›Frère Jaque‹.

Nach einem kurzen Zwischen­stopp in Rouen hieß es nach neun Tagen Abschied nehmen von der Normandie. Auf dem Rückweg nach Deutschland gestalteten wir eine festliche Sonntags­messe im Aachener Dom und erkundeten zu guter Letzt noch den Aachener Domschatz, bevor der Bus uns wieder zurück nach Bremerhaven brachte.

Städte, Kirchen, Museen, Kulinarisches, gesellige Abende und natürlich viel Musik prägten unsere Chorreise in die Normandie. Wir Chor­mitglieder haben nicht nur Wein und Käse mit nach Hause genommen, sondern auch viele schöne Erinnerungen.

Annika Heyen