Die zwei bedeutendsten Kirchenmusikwerke Mozarts sind unvollendet geblieben. Das Fragmentarische lädt ein zu Spekulation. Wie hätte der Rest geklungen? Diese Fragen stellen sich im Falle der Missa in c-moll noch zahlreicher als beim Requiem.
Hervorstechendstes Merkmal der c-moll-Messe ist ihre stilistische Vielfalt. Von Generalbass gestützte, barock inspirierte Arien stehen neben opernhaften Elementen und an Bach orientiertem Kontrapunkt. Für Letzteres hat man üblicherweise Mozarts kurz zuvor gemachte Bekanntschaft mit den Oratorien Bachs und Händels anlässlich der Akademien in Baron van Swietens Haus verantwortlich gemacht. Indessen hat sich Mozart Zeit seines Lebens immer wieder fremde Stile angeeignet – und nie war die Nachahmung das Ziel, sondern deren Anwendung. So lässt sich denn auch im Fragment der c-moll-Messe ein ›Stil-Bauplan‹ erkennen, der alles andere als eine Zufälligkeit ist. Das Gloria, in sieben Einzelsätze gegliedert, weist einen symmetrischen Bau auf, der – mit abruptem Ausdrucks-Wechsel – das eigene Nachdenken über die menschliche Sinnfrage geradezu herausfordert.
Mozart schrieb die Messe in Wien nach seinem Bruch mit seinem bisherigen Arbeitgeber, Bischof Colloredo in Salzburg und mit seinem Vater. Um letzteren wieder zu versöhnen und seine beabsichtigte Eheschließung mit Constanze schmackhaft zu machen, versprach er, diese Messe in Salzburg aufzuführen, wobei Opernsängerin Constanze die Titelpartie singen sollte. Dies geschah dann am 26.10.1783.